Inzwischen haben Ärzte und Psychotherapeuten, aber auch andere im Gesundheitsbereich tätigen Social Media Accounts. An dieser Stelle möchten wir Ihnen einige Studienergebnisse zu dieser Thematik vorstellen.

Wie viele Ärzte und Zahnärzte nutzen Social Media und warum?
Die Nutzung sozialer Online-Netzwerke unter Ärzten und in der Ausbildung befindlichen Ärzten, das Ausmaß der Patienten-Arzt-Interaktionen innerhalb von sozialer Online-Netzwerke und die Einstellung dieser Gruppen zu deren Verwendung haben Bosslet und Kollegen (2011)1 in den USA untersucht.
Ihre Ergebnisse zeigten, dass Ärzte und Ärzte in der Ausbildung Social Media mindestens genauso häufig verwenden als die allgemeine Bevölkerung. Insgesamt 15,5 % der praktizierenden Ärzten gaben an, das Profil eines Patienten oder eines Familienmitglieds des Patienten besucht zu haben und mehr als 34 % hatten Freundschaftsanfragen von Patienten oder deren Familienmitgliedern erhalten. Die Mehrheit der Ärzte hielt es aus ethischen (68,3%) oder aus Gründen der Patientenversorgung (68,0%) jedoch nicht für ethisch vertretbar, mit Patienten innerhalb von sozialen Online-Netzwerken zu interagieren. Fast die Hälfte der Befragten (48,7%) äußerte sich zudem pessimistisch über das Potenzial von Social Media zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Patient und Arzt, und eine Mehrheit (79%) äußerte Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Vertraulichkeit von Patienten.
Eine Niederländische Studie von Antheunis, Tates und Nieboer (2013) 2 zeigten, dass Fachleute für die Kommunikation mit ihren Kollegen hauptsächlich LinkedIn (70,7%) und Twitter (51,2%) nutzen und darüber hinaus Social Media in erster Linie aus Marketinggründen nutzten. Diejenigen, die Sozial Media nicht nutzten, gaben an, dass sie diese für ineffizient halten oder ihnen die Fähigkeiten zur Nutzung dieser Median fehlten.
Eine Studie aus England aus 2018 3 untersuchte die Rolle von Social Media bei Zahnärzten. Sie stellten fest, dass mehr als die Hälfte der befragten Zahnärzte Social Media Plattformen als Marketingmaßnahme nutzten. Am häufigsten nutzten die Zahnärzte Facebook (98%).

Welche Social Media Plattformen nutzen Patienten und was halten Sie von den Social Media Profilen von Ärzten?
Antheunis, Tates und Nieboer (2013) 4 untersuchten auch die Motive und Nutzung sozialer Medien durch Patienten sowie Hindernisse und Erwartungen für die Nutzung gesundheitsbezogener sozialer Medien in den Niederlanden.
Ihre Ergebnisse zeigten, dass Patienten hauptsächlich Twitter (59,9%) nutzten, insbesondere um das Wissen zu erweitern und Ratschläge auszutauschen und insbesondere Facebook (52,3%) zur sozialen Unterstützung und zum Austausch von Ratschlägen. Die größten Hindernisse seitens der Patienten für die Nutzung sozialer Medien mit Angehörigen der Gesundheitsberufe war die Sorge um ihre Privatsphäre und die Unzuverlässigkeit der Informationen. Insbesondere wollten Patienten nicht als Patient im Internet bekannt werden und deshalb auch keine persönlichen Informationen über Social Media mit Fachleuten teilen.
Diese Sorgen sind nicht unberechtigt. Ein Review aus dem Jahr 2012 von Von Muhlen und Ohno-Machado 5 zeigte, dass das Posten von unprofessionellen Inhalten und Verstöße gegen die Vertraulichkeit von Patienten, insbesondere durch Studenten, keine Seltenheit sind und zur Forderungen nach Richtlinien für soziale Medien geführt haben.
Die Studie von Parmer und Kollegen (2018) 6 zur Nutzung von Social Media bei Zahnärzten ergab, dass mehr als 70 % der Patienten dies nicht von Zahnärzten erwartet hätten. 44 % gaben zudem an, dass sie eine Online-Freundschaft mit ihren Zahnärzten als nicht angemessen betrachten. Gleichzeitig gaben weitere 44 % an, dass sie nach ihren Zahnärzten in sozialen Netzwerken gesucht hatten, und glücklich darüber waren, Kontakte zu Ihnen in sozialen Medien herzustellen. Am meisten interessiert waren sie an Online-Bewertungen und Qualifikationen ihrer Zahnärzte auf Facebook.

Welche Chancen und Risiken bergen Social Media für Angehörige von Gesundheitsberufen?
Die Chancen
In Ihrem Artikel führen Hartz und Kollegen (2014) 7 eine Reihe von Chancen, die von Vertretern der Heilberufe angeführt werden. So kann Social Media zur Bekanntheitssteigerung, Imagebildung und Patientenanbindung genutzt werden und Compliance, Therapieadhärenz und Prävention auf verschiedenen Ebenen verbessern.
Viele Kliniken und Arztpraxen pflegen deshalb neben einem offiziellen Internetauftritt auch eine Facebook-Seite oder einen Twitter-Account, mit denen sie gezielt über aktuelle Themen informieren und sich präsentieren. Richtig eingesetzt kann mit Social Media den Autoren zu Folge eine größere Verbreitung erreicht sowie zielgruppenspezifisch informiert werden.
Niedergelassene Kollegen können über Social Media ihre Patienten zudem an empfohlene Impfungen erinnern, über neue Therapien und Behandlungsmethoden informieren und Neuigkeiten aus ihrer Praxis mitteilen.
Die Risiken
Die Bundesärztekammer hat 2014 eine Handreichung für Ärzte in sozialen Medien entwickelt (Link zum Dokument). Darin werden an Hand von Beispielen unterschiedliche Risiken erklärt. So gilt es beispielsweise die ärztliche Schweigepflicht nicht zu verletzten, z.B. indem in einem Bericht über einen Patienten zwar Namen und Ortsbezeichnungen weggelassen werden, die weiteren Informationen aber dennoch dazu führen können, dass der Patient identifiziert werden kann. Ein Patient darf auch durch die Summe der online zur Verfügung stehenden Informationen nicht identifiziert werden können[/dt_highlight]. Die Ärztekammer rät zudem patientenbezogenen Informationen nicht ohne Einverständnis des Patienten in Sozialen Netzwerken zu veröffentlichen.
Das Brechen der Schweigepflicht kann sowohl strafrechtliche (§ 203 StGB), berufsrechtliche wie auch zivilrechtliche Konsequenzen haben.
Wichtig ist laut Bundesärztekammer auch die Einhaltung eines Arzt-Patient-Verhältnisses, das scharf von einer rein persönlichen Beziehung getrennt werden muss. Die Bundesärztekammer rät daher, Freundschaftsanfragen von Patienten in sozialen Netzwerk nicht anzunehmen.
Laut Bundesärztekammer sollten Ärzte zudem dafür sorgen, dass ihr Auftreten in sozialen Netzwerken Patienten nicht zur Selbstoffenbarung verleitet.
Auch Datenschutz und Datensicherheit sind wichtige Themen, die Ärzte beachten müssen.
Die Bundesärztekammer rät, bei Fragen und Unklarheiten bei der für Sie zuständigen Landesärztekammer nachzufragen.
2016 hat die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) ebenfalls eine Kurzfassung an Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte im Umgang mit Sozialen Medien herausgebracht (Link zum Dokument). Die Empfehlungen decken sich weitestgehend mit den Empfehlungen der Bundesärztekammer, beinhalten aber an einigen Stellen etwas detailliertere Informationen, wie etwa: bei Bildern auch auf die Informationen, die mit dem Bild zusammen abgespeichert werden (sogenannte „Metadaten“) zu achten oder insbesondere für Fotos oder Videos von Patientinnen oder Patienten keine Geräte zu verwenden, die vom Arzt auch privat genutzt werden (z.B. private Mobiltelefone für Fotodokumentation von Patienten).
2018 hat dentalfresh einen Leitfaden mit dem Titel „Rechtlich sicheres Posten auf Facebook, Twitter & Co“. vom Rechtsanwalt Christian Erbacher, LL.M. veröffentlicht (Link zum Dokument). Hier werden viele bereits oben erwähnten Themen angesprochen, aber auch praktische Tipps gegeben und zahlreiche rechtliche Fallstricke aufgezeigt und mitunter anhand von Gerichtsentscheidungen erklärt: Von der Wahl des Profilnamens der Praxis, über die Wahl der Bilder, der Erstellung eines gültigen Impressums bis hin Werbemöglichkeiten.
Alle Angaben ohne Gewähr. Stand 10/2020
Weitere interessante Studien:
George, D. R., Rovniak, L. S., & Kraschnewski, J. L. (2013). Dangers and opportunities for social media in medicine. Clinical obstetrics and gynecology, 56(3).
Gholami-Kordkheili, F., Wild, V., & Strech, D. (2013). The impact of social media on medical professionalism: a systematic qualitative review of challenges and opportunities. Journal of medical Internet research, 15(8), e184.
Moorhead, S. A., Hazlett, D. E., Harrison, L., Carroll, J. K., Irwin, A., & Hoving, C. (2013). A new dimension of health care: systematic review of the uses, benefits, and limitations of social media for health communication. Journal of medical Internet research, 15(4), e85.
Rolls, K., Hansen, M., Jackson, D., & Elliott, D. (2016). How health care professionals use social media to create virtual communities: an integrative review. Journal of medical Internet research, 18(6), e166.
Ventola, C. L. (2014). Social media and health care professionals: benefits, risks, and best practices. Pharmacy and therapeutics, 39(7), 491.
- Bosslet, G. T., Torke, A. M., Hickman, S. E., Terry, C. L., & Helft, P. R. (2011). The patient–doctor relationship and online social networks: results of a national survey. Journal of general internal medicine, 26(10), 1168-1174.
- Antheunis, M. L., Tates, K., & Nieboer, T. E. (2013). Patients’ and health professionals’ use of social media in health care: motives, barriers and expectations. Patient education and counseling, 92(3), 426-431.
- Parmar, N., Dong, L., & Eisingerich, A. B. (2018). Connecting with your dentist on facebook: patients’ and dentists’ attitudes towards social media usage in dentistry. Journal of medical Internet research, 20(6), e10109.
- Antheunis, M. L., Tates, K., & Nieboer, T. E. (2013). Patients’ and health professionals’ use of social media in health care: motives, barriers and expectations. Patient education and counseling, 92(3), 426-431.
- Von Muhlen, M., & Ohno-Machado, L. (2012). Reviewing social media use by clinicians. Journal of the American Medical Informatics Association, 19(5), 777-781.
- Parmar, N., Dong, L., & Eisingerich, A. B. (2018). Connecting with your dentist on facebook: patients’ and dentists’ attitudes towards social media usage in dentistry. Journal of medical Internet research, 20(6), e10109.
- Hartz, T., Fangerau, H., Pramann, O., Ückert, F., & Albrecht, U.V. (2014). Social Media im Gesundheitswesen – Chancen, Risiken, Trends. GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 252 (Abstr. 252).