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Liebe Leserinnen und Leser,
das strickte Werbeverbot für Ärzte wurde 2002 aufgehoben, da Ärzte aus heutiger Sicht ohne Werbung als Marketinginstrument nicht mehr auskommen können [1]. Diese Entwicklung begann jedoch mit mit mehreren Rechtssprechungen im Jahre 2001, in denen das Interesse der Bevölkerung an Information besonders Rechnung getragen wurde [1]. Mittlerweile sind viele Formen der Werbung erlaubt [1]:
- Sie können mittlerweile prinzipiell Rundfunk- und Fernsehwerbung betreiben.Im Einzelfall kommt es nur noch auf die konkrete Ausgestaltung von Form, Inhalt und Umfang an.
- Sie können erworbenen Qualifikationen und sonstige öffentlich-rechtliche Qualifikationen, Tätigkeitsschwerpunkte und organisatorische Hinweise angegeben wenn Sie diese nicht nur gelegentlich ausüben
- Sie können selbst entscheiden, wie groß Ihr Praxisschild werden soll bzw. wie viele sie anbringen wollen. Die Anforderungen an den Mindestinhalt des Praxisschildes bleiben jedoch erhalten.
Werbung im Internet [1]
Sie dürfen im Internet mit einer eigenen Homepage werben. Für das Internet gelten die gleichen Bestimmungen wie für andere Werbeträger. Allerdings müssen Sie auf Grund des Telemediengesetzes (TMG §5) besondere Informationspflichten beachten. Das heißt, Sie sind unter anderem verpflichtet,
- Ihren Namen,
- die Praxisanschrift,
- die Telefon-, und Fax-Nummer,
- die E-Mail-Adresse,
- die gesetzliche Berufsbezeichnung (Arzt bzw. Ärztin sowie den verleihenden Staat, in dem die Approbation erhalten wurde),
- die zuständige Landesärztekammer und deren ärztliche Berufsordnung und ein Hinweis darauf, wie diese Berufsordnung zugänglich ist, anzugeben.
- falls Ihnen eine Umsatzsteueridentifikationsnummer zugeteilt wurde oder die Praxis in Form einer Partnerschaftsgesellschaft niedergelassen ist, müssen Sie die Umsatzsteueridentifikationsnummer bzw. das Partnerschaftsregister und dessen Nummer angegeben werden.
Ein weiteres wichtiges Gesetz ist das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Es bildet den Rahmen für die Werbung im deutschen Gesundheitswesen. Das HWG verbietet zusammen mit dem Gesetz
gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) irreführende Werbung. Sie können dem HGW auch einen Katalog von Verboten für bestimmte Erscheinungsformen in der Publikumswerbung entnehmen.
Kein Werbeverbot, aber auch keine generelle Werbefreiheit [1]
Was ist erlaubt und was nicht? Das Institut für freie Berufe Nürnberg hat hierzu eine Liste mit Beispielen für zulässige Arztwerbung zusammengetragen [1]:
Zulässig [1]:
- Sachlich berufsbezogene informierende Werbung, die nicht anpreisend, irreführend oder vergleichend
ist. - Praxisbroschüre, in der medizinische und organisatorische Informationen dargestellt werden.
- Zusatzinformationen in Anzeigen, wie Erreichbarkeit, Öffnungszeiten, Verkehrsanbindung etc.
- Die Information anderer Ärzte über das eigene Leistungsangebot, u.a. auch über fakultative Weiterbildung bzw. Fachkunde.
- Hinweise auf Zertifizierung im Rahmen der Pflicht zum Qualitätsmanagement der Praxis, z. B. Bescheinigung per „ISO-9000-Qualitäts-zertifikat“ über genormte Organisationsabläufe.
- Hinweise auf Ortstafeln, in kostenlos verteilten Stadtplänen und über Bürgerinformationsstellen.
- Geburtstagsglückwünsche an eigene Patienten ohne Hinweise auf das eigene Leistungsspektrum.
- Wegbeschreibung sowie ein Hinweis auf Parkmöglichkeiten oder behindertenfreundliche Ausstattung u.ä. dürften ebenfalls zulässig sein.
- Werbung mit Leuchtreklame, wobei der Inhalt auf sachangemessene Informationen beschränkt ist (Urteil, LBGH I 1762/02. OVG).
- Das Auslegen von Werbematerialien innerhalb der eigenen Praxis z. B. Plastikhüllen für Chipkarten
- Kugelschreiber und sonstige Mitgaben mit geringem Wert z. B. Kalender mit Namens-/ Praxisaufdruck
- Tag der offenen Tür, Kultur-, Sport- und Sozialsponsoring (keine Bandenwerbung, Trikotwerbung, Werbung auf Fahrzeugen oder Sportgeräten).
- Nicht aufdringliches (Praxis-)Logo.
- Serviceangebote.
- Kunstausstellungen.
- Ankündigung von nach der Weiterbildungsordnung erworbenen Bezeichnungen.
- Ankündigung von nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbenen Qualifikationen.
- Ankündigung von Tätigkeitsschwerpunkten.
- Ankündigung von anderen Qualifikationen oder Tätigkeitsschwerpunkten, soweit diese nicht mit solchen nach Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen verwechselt werden können, (nur
erlaubt, wenn die Tätigkeit nicht nur gelegentlich ausgeübt wird, d.h. die Tätigkeit min ca. 20 % seiner Gesamttätigkeit einnimmt.). - Hinweis auf die vom Arzt ausgeübte Akupunktur, soweit klargestellt ist, dass diese Qualifikation nicht von der Ärztekammer verliehen wurde.
- Aufnahme in Verzeichnisse aller Art ohne Abstimmung mit der Ärztekammer.
- allgemein gehaltene Patienteninformation über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die sachlich zutreffend und dem Laien verständlich sind.
- Bezeichnung als „Spezialist“ für eine bestimmte Behandlungs- oder Untersuchungsmethode in der eigenen Patienteninformation, wenn er tatsächlich einen hohen Spezialisierungsgrad besitzt.
- „Sympathiewerbung“ soweit durch sie nicht der Informationscharakter in den Hintergrund gedrängt wird, z.B. Geburtstagsglückwünsche an die eigenen Patienten, allerdings ohne Hinweise auf das
Leistungsspektrum der Praxis. - publizistische Tätigkeit.
- Mitwirkung von Ärzten an aufklärenden Veröffentlichungen medizinischen Inhalts.
- Wiedereinbestellungen auf Wunsch des Patienten.
- Titel, die nicht von einer medizinischen Fakultät verliehen wurden, wenn dies mit angegeben wird.
Zulässig auf der Praxishomepage [1]:
- Geburtsjahr des Praxisinhabers.
- Zeitpunkt der Approbationserteilung.
- Zeitpunkt des Erwerbs der geführten Facharztanerkennung.
- Zeitpunkt der Niederlassung.
- Sprachkenntnisse.
- Konfession.
- Sondersprechstunden (zum Beispiel für ausländische Mitbürger).
- Besondere Einrichtungen für Behinderte.
- Erreichbarkeit außerhalb der Sprechstunden.
- Hinweis auf Zugehörigkeit zu einem Praxisverbund.
- Anzeigen, zum Beispiel über die Niederlassung, Urlaub, Vertretung etc.
Unzulässig [1]:
- anpreisende Werbung: gesteigerte Form der Werbung, insbesondere eine solche mit reißerischen und marktschreierischen Mitteln.
- irreführende Werbung: geeignet, potenzielle Patienten über die Person des Arztes, über die Praxis und über die Behandlung irrezuführen und durch mehrdeutige, unvollständige, unklare Angaben
oder verschwiegene Tatsachen Fehlvorstellungen von maßgeblicher Bedeutung für die Wahl des Arztes hervorzurufen. - vergleichende Werbung: persönlich vergleichend, d.h. Bezugnahme auf die persönlichen Eigenschaften und Verhältnisse ärztlicher Kollegen, vergleichend, d.h. Bezugnahme auf die Arztpraxis
oder Behandlungsmethoden anderer Ärzte; auch verboten die verdeckte vergleichende Werbung, z.B. „Bei uns geht´s auch ohne Operation“. - Werbung für Produkte anderer Unternehmen in eigener Praxis .
- Veranlassung oder Duldung verbotener Werbung durch andere.
- Veröffentlichung von Berichten oder Bildberichten mit werbender Herausstellung, z. B. bildliche Darstellung in Berufskleidung bei der Berufsausübung, wenn ein medizinisches Verfahren oder eine
ärztliche Behandlungsmaßnahme beworben wird. - Direct-Mailing, d. h. der Versand von Informationen (Flugblätter, Postwurfsendungen, Mailingaktionen).
- Werbung, die darauf zielt, die „Hilflosigkeit und Leichtgläubigkeit“ eines Patienten auszunutzen, bspw. Versprechen auf Heilung.
- Werbung mit Äußerungen Dritter, insbesondere Dankschreiben, Anerkennungsschreiben oder Empfehlungsschreiben sowie die Werbung mit Hinweisen auf solche Äußerungen.
- Das Auslegen von Hinweisen auf die eigene Tätigkeit bei anderen Unternehmen des Gesundheitswesens
(z. B. Apotheken, Massagepraxen, Wellnesseinrichtungen). - Unaufgeforderte Wiedereinbestellungen von Patienten ohne medizinische Indikation.
- eigene Zeitungsbeilagen.
- das Verteilen von Werbeprodukten außerhalb der Praxis (z. B. Kugelschreiber, T-Shirt, Kalender, Telefonaufkleber usw.).
- Sonderangebote.
- Die Bezeichnung der eigenen Praxis z. B. als Institut, Tagesklinik, Ärztehaus, Gesundheitszentrum usw.
- Werbung mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen (HWG).
- Werbung mit Aussagen, die geeignet sind, Angstgefühle hervorzurufen.
- Hinweise auf besondere Untersuchungs- und Behandlungsverfahren, soweit diese nicht den Kern seines Fachgebietes ausmachen (zum Beispiel Akupunktur).
- fakultative Weiterbildung.
- Fachkunde.
- Alleinstellungsbehauptung, z.B. Allgemeinmedizin Musterstadt, eine Aussage über die Tätigkeitsgebiete und Erfahrungen anderer Ärzte.
- Plakatwerbung (auch nicht in Supermärkten).
- Trikotwerbung, Bandenwerbung, Werbung auf Fahrzeugen, Sportgeräten und ähnlichem.
- unaufgeforderte Wiedereinbestellung ohne medizinische Indikation.
- Information, die inhaltlich nichts aussagt oder keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt hat.
- Information, die zwar objektiv nachprüfbar ist aber reklamehaft aufgemacht wurde.
- Ankündigung von Qualifikationen, denen kein entsprechender Leistungs- bzw. Kenntniszuwachs im Vergleich zu den nach der Weiterbildungsordnung geregelten Qualifikationen gegenübersteht.
- Werbung für medizinische Fernbehandlung via Internet (werbebasierter Internetauftritt, bei dem Interessierte medizinische Fragen stellen können, die von Fachärzten beantwortet werden (OLG
München, Urteil vom 02.08.2012, Az. 29 U 1471/12))
Unzulässig auf der Praxishomepage [1]:
- Jegliche Ferndiagnose und Ferntherapie im Internet nach § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG).
- Arztwerbung auf Gutscheinportalen.
- Patienten-Diskussionsforen, Veröffentlichungen von Dankesschreiben.
- Ob Vorher-Nachher-Bilder zulässig sind, richtet sich insbesondere nach der Auslegung des HWG
(beziehen sich die Bilder auf Krankheitszustände sind diese jedenfalls unzulässig). - Vorsichtig sollte man bei der Verwendung von Adjektiven sein, da diese leicht anpreisenden Charakter vermitteln.
- Jegliche Art von Werbebannern und Pop-up-Fernstern.
- nicht durch die Ärztekammer legitimierte Qualifikationen.
- Selbsteinschätzung über die persönliche Qualifikation.
- virtuelle Gästebücher.
- Werbung für Medikamente und Pflegemittel.
- Durchführung von Gewinnspielen, Wettbewerben.
- Internetdomain, die Alleinstellungsbehauptung enthält, z.B. www.der-zahnarzt-muenchen.de.
Das vollständige PDF können Sie sich herunterladen unter:
[1] IFB-Institut für freien Berufe Nürnberg: http://www.ifb.uni-erlangen.de/fileadmin/ifb/doc/publikationen/gruendungsinfos/21_werbung_aerzte.pdf (Stand: 06.07.2017).
Wenn Sie erfahren wollen, wie es zum absoluten Werbeverbot für Ärzte kam, welche Folgen dies für die Ärzte hatte und wie es zu den Lockerungen des Webevebotes kam, lesen Sie unseren Blogeintrag: Der Arzt im Internet- Wie alles begann
Praxiswerbung:
Irreführende Werbung mit Begriff „Laserklinik“ durch Augenarzt: https://tinyurl.com/orqwq9e (Stand: 06.07.2017).
Erfolgreiche Unterlassungsklage gegen die Platzierung von Eintragungen im Rahmen eines Arztempfehlungs- und Bewertungsportals: https://tinyurl.com/yaj6al58 (Stand: 06.07.2017).
Unerwartetes Urteil zum Wartezimmer-TV: https://www.arzt-wirtschaft.de/unerwartetes-urteil-zum-wartezimmer-tv/ (Stand: 06.07.2017).
Bundesgerichtshof stoppt Vertriebskonzept für den Verkauf von Brillen über Augenarztpraxen:
Ein ganzes Buch mit Urteilssammlungen von Health-Claims für die Jahre 2015/2016 haben Christian Balke und LL.M. Leonie Evans als Buch zusammengestellt. Es ist unter anderem im BEHR’S Verlag erhältlich: https://tinyurl.com/y7rl7x6b (Stand: 06.07.2017).