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Liebe Leserinnen und Leser,
im letzten Beitrag haben wir anhand den Studienergebnissen von Gehring und Kollegen [1] den Unterschied zwischen Health und Medical Apps angeschaut, mögliche Limitationen und Risiken von medizinischen Apps genannt sowie einen erfolgreichen Einsatz einer medizinischen App beschrieben.
Heute wollen wir uns anhand den Ergebnissen von Gehring und Kollegen [1] sowie Bach [2] mit der Haftung bei Fehlern beschäftigen.
Medical Apps- Und wie ist das mit der Haftung?
Zunächst ist zu erwähnen, dass Medical Apps sich oftmals nicht an Ärzte, sondern an Patienten richten. Wie bereits in Blog „23.682 Medical Apps-Was sagt die Forschung“ erwähnt, weisen Medical Apps teilweise gravierende Qualitätsunterschiede auf. Aber auch bei guten medizinischen Apps kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass nicht doch ein fehlerhafter Wert ausgegeben wird [2]. Die Frage nach der Haftung liegt also Nahe. Bei Apps, die vom Arzt genutzt werden, stellt sich zusätzlich die Frage nach der Haftung des Arztes gegenüber seinen Patienten [2].
Haftung für fehlerhafte Apps
Gehring und Kollegen weisen zunächst auf den Aspekt des einfachen Zugangs zu Apps hin. Grundsätzlich sind Apss über entsprechende App-Stores direkt auf den mobilen Endgeräten oder über das Internet erhältlich. Den Autoren zufolge können sowohl die Gestaltung, das Inverkehrbringen sowie auch die Anwendung rechtliche Probleme in den Bereichen Haftungsrecht, Wettbewerbsrecht und Medizinprodukrerecht nach sich ziehen. Dabei ist entscheidend, was die App leisten soll, für welchen Zweck der Hersteller sie bestimmt und der Anwender sie einsetzt. Das ist bei Apps, die den medizinpruduktrechtlichen Regularien unterliegen und ein „Zulassungsverfahren“ durchlaufen haben, einfach. Bei allen anderen ist dies schwieriger. Was Sie wissen sollten: Wenn Sie als Arzt im Rahmen der Behandlung eine App einsetzen, tragen Sie auch die Verantwortung gegenüber dem Patienten. Ausgangspunkt der ärztlichen Haftung ist der Behandlungsvertrag nach § 630 a BGB. Hiernach schuldet der Behandelnde dem Patienten eine Behandlung, die grundsätzlich gemäß den zum Zeitpunkt der Leistungserbringung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen hat. Bezüglich der ärztlichen Haftung ist also die regulatorische Einordungn entscheidend. Vertragliche und deliktspezifische Ansprüche setzen ein Verschulden des Arztes voraus [2]. Eine verschuldungsunabhänige Produkthaftung trifft Sie folglich nicht [2].
Und wie ist das mit dem Datenschutz?
Ein weiteres Problem könnte der Datenschutz darstellen, da die Regelung bei der Anwendung von „Medical Apps“ durch Gesundheitseinrichtungen (Arzt/Krankenhaus) den besonderen Anforderungen nach § 28 Abs. 7 BDSG unterliegt. Hier ist wichtig, wo die Daten erhoben und verwendet werden: Wenn ein App-Anbieter in Deutschland Daten erhebt und verwendet, sind grundsätzlich das deutsche Datenschutzrecht und die Spezialvorschriften des Telekommunikationsgesetzes und des Telemediengesetzes anwendbar. Wenn ausländische Unternehmen die App Anbieter sind, werden die Daten auch außerhalb von Deutschland gespeichert. Dann ist es in der Praxis schwierig, deutsches Datenschutzrecht gegenüber ausländischen App-Anbietern durchzusetzen. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dürfen personenbezogene Daten nur dann erhoben, verarbeitet oder gespeichert werden, wenn eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage oder eine Einwilligung gem. § 4 Abs. 1 BDSG vom Betroffenen vorliegt. Bei medizinischen Apps sind zwei Konstellationen möglich:
- Ihr Patient setzt die App ein
- Sie als Heilberulfer setzen die App ein
1. Wenn Ihr Patient die App nutzt, muss im Falle von Gesundheitsdaten eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen vorliegen (Paragraf 4 a Abs. 1,3 BDSG). Das bedeutet, der Einwilligende muss über den Zweck der Datenverarbeitung informiert worden sein, die Abgabe muss freiwillig erfolgen, und die Einwilligung muss sich ausdrücklich auf die Gesundheitsdaten beziehen.
2. Wenn Sie als Arzt eine Medizin-App für die medizinische Behandlung eines Patienten nutzen, gilt das deutsche Datenschutzrecht für die Speicherung und die Erhebung der Patientendaten. Bei der Speicherung von Patientendaten bei einem App-Anbieter, liegt immer eine Übermittlung zwischen dem Arzt und dem App-Anbieter vor. Diese Übermittlung bedarf einer gesetzlichen Grundlage (beispielsweise Paragraf 28 Abs.6-8 BDSG) oder einer Einwilligung des Patienten [3]. Setzen Sie als Arzt eine App ein, die keine CE-Kennzeichung hat, liegt die Verantwortung für die Richtigkeit der Ergebnisse aus der App bei Ihnen- und die Haftung. In einem Artikel des deutschen Ärzteblattes (2015) ist die Erläuterung des Juristen Volker Lücker hierzu folgende: Eine App ohne CE-Kennzeichnung hat, wenn sie in der Klinik oder vom Arzt eingesetzt wird, juristisch gesehen den gleichen Stellenwert, wie ein vom Arzt selbstverfasstes Programm auf dem Taschenrechner oder selbstgefertigte Tabellen von Medikamentenunverträglichkeiten, also wie eine Eigenerstellung. Abgesehen vom Bundesdatenschutzgesetz müssen Ärzte auch die Vorschrift des Paragraf 203 Absatz 1 Nr. 1 StGB (ärztliche Schweigepflicht) beachten. Ärzte können demnach Patientendaten nicht an Dritte, wie etwa dem App-Anbieter, weitergegeben. Ein Versuch, dieses spezielle Problem zu lösen liegt in der Anwendung des Paragraf 11 BDSG, wonach in diesem Fall eine Auftragsdatenverarbeitung privilegiert werde. Zudem können Auftragsdatenverarbeiter (wie etwa Apps) als berufsmäßige Gehilfen des Arztes im Sinne des Paragraf 203 Abs.3 S.2 StGB angesehen werden. In dem Fall fällt unter bestimmten – unterschiedlich gefassten – Voraussetzungen die Datenweitergabe an Dienstleiter nicht unter den Tatbestand des Paragraf 203 StGB. Auch der Austausche anonymisierter Daten stellt eine mögliche Lösung dar. Eine abschließende Klärung steht noch aus und hängt unter anderem von der eingesetzten App ab. Entscheidend ist, dass Sie sich als Arzt genau über die datenschutzrechtlichen Anforderungen der jeweiligen App informieren, um möglichen datenschutzrechtlichen „Lücken“ der App auszuschließen. Besonders vorsichtig und sorgsam sollten Sie bei einer Datenspeicherung im Ausland vorgehen [3].
Literaturverzeichnis:
[1] Bach, I. Medical Apps–wer haftet bei Fehlern?. Der Gynäkologe, 1-6.
[2] Gehring, H., Pramann, O., Imhoff, M., & Albrecht, U. V. (2014). Zukunftstrend „Medical Apps “. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 57(12), 1402-1410.
[3] Schürmann K (2013). Medical Apps 2013, Präsentation. Stellen Gesundheits- und Medizin Apps ein Sicherheitsrisiko dar?